Auf ins Abenteuer!

„Wir sind keine Touristen, wir sind Abenteurer!“

Deutscher Tourist, 27.

Ok, ich muss mich outen: Der Spruch stammt von mir. Wir waren in unserem ersten gemeinsamen Schottlandurlaub gerade am Old Man of Storr vorbeigefahren. Irgendwann hat jemand beschlossen, dass aus dem Überfluss der tollen Landschaften auf Skye dieser einsam dastehende Felsen ihr Highlight darstellt. Und seitdem strömen die Touristenmassen eben dorthin, und zu meinem Erschrecken hatte man sogar das kleine Wäldchen zwischen ihm und der Straße abgeholzt, um leichter begehbare, breite und gewalzte Kieswege aufzuschütten: „Sponsored by the European Union“ sagte das unschöne blaue Schild. Und da Schottland für mich irgendwie schon immer Herzensland war, grummelte ich eben irgendwas von „sch*** Touristen“ vor mich hin. Den durchaus richtigen Einwand wir seien ja auch Touristen ließ ich nicht gelten denn… und da wären wir nun.

Ich bin nicht wirklich stolz auf den Spruch, 10 Jahre später sehe ich es eher wie Werner Herzog, der den Begriff des Abenteuers ins vorletzte Jahrhundert verortet. Und der muss es ja wissen (ich sage nur Schiff über einen Berg mitten im Dschungel). Alexander von Humboldt hatte sicher keine Auslandsreisekrankenversicherung, keine Impfungen gegen Tropenkrankheiten und auch keine Kreditkarte dabei – und ist trotzdem aufgebrochen (ist aber sehr nett alles zu haben :-P, mehr Infos gibt es hier).

Dennoch hat der Begriff des Abenteuers auf mich eine fast magnetische Anziehungskraft. Für mich bedeutet es ein Ausbrechen aus den immergleichen Abläufen, aus dem bekannten Umfeld in eine Welt von neuen Eindrücken, Erfahrungen und Möglichkeiten.

Für mich ist der Schritt eine lange Reise zu wagen ohne nachfolgenden Job, ohne zu wissen wie und wo es weitergeht, ohne den berühmten „Plan“ zu haben, ein wesentlicher Schritt aus meiner eigenen Vergangenheit heraus. Kein Grund psychologisch zu werden, aber tatsächlich finde ich den Begriff des „Plans“, nach dem ich oft gefragt wurde, sehr interessant. Einen Plan zu haben, das gibt Sicherheit, das nimmt dir die Angst vor dem Ungewissen, befreit dich von der Last im Moment Entscheiden und Handeln zu müssen – und dann vielleicht etwas falsch zu machen. Es hilft auch, die Dinge in einer Art von zeitlichem Kontinuum zu sehen. Zuerst mache ich X, aus X folgt Y, und am Ende werde ich Z. Und ich habe sehr lange nach dem Prinzip gelebt: Prestigeträchtiges Studium, Doktorarbeit mit 1.0, Führungskraft mit 30, sechsstelliges Gehalt mit 35. Klingt von außen wie ein toller Plan, oder? Nur: was währenddessen nicht zugenommen hat, ist meine Zufriedenheit.

Das heißt nicht, dass ich Planungen verurteile, wer mich kennt weiß dass ich wenn mir etwas wichtig ist ich sehr genau und organisiert vorgehe (man beachte die Trennschärfe). Und es heißt ebenfalls nicht dass ich die oben genannten Ängste nicht habe ;-). Nur ist es immer noch MEINE Entscheidung, ob ich aus Angst oder aus Überzeugung handeln möchte. Denn das Prinzip, immer auf etwas zu zu leben ist für mich ein ständiges Verschieben des Lebens auf übermorgen. Und das in der meiner Ansicht nach riskanten Annahme, dass das Übermorgen für mich nicht nur überhaupt existiert, sondern auch dieselben Bedingungen aufweist wie das Heute. Ich glaube – nein, ich weiß aus Erfahrung, dass man es sich in diesem ewigen Tagtraum durchaus gemütlich einrichten kann. Aber man verpasst die Chancen, die Möglichkeiten und Erfahrungen, die sich im HIER UND JETZT befinden.

Für mich sind das die verrückten interkulturellen Momente, die menschlichen Begegnungen, die schönen Landschaften und persönlichen Erfahrungen. Und dann immer auch die Inspirationen, die Gedanken und Träume die sich daraus ergeben. Ja, und natürlich auch die Pläne! Ich zitiere hier einfach mal meinen leider inzwischen verstorbenen Doktorvater:

Travelling broadens the mind, but only if one travels with eyes open. I think most people don’t do this, and it takes an unusual person to see and appreciate the world as it really is. Isn’t life strange ?

Prof. Geoffrey Lee, PhD

In diesem Sinne… see you down the road!

Cheers,

Jan

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