Kultur,  Reisen

Kanda Matsuri: Auf den Spuren von Tokugawa Ieyasu

Tatsächlich sind wir in Japan trotz der kurzen Zeit schon mit einigen tollen Kulturerfahrungen in Berührung gekommen. Ein erster Kontakt war in Tokyo das Kanda Matsuri Festival. Dieses Fest findet alle 2 Jahre um den Kanda MyojinSchrein herum statt. Hier wird die Schlacht von Sekigahara gefeiert, die im Jahre 1600 die Geschichte von Japan in etwa so stark beeinflusst hat wie die Schlacht am Kahlenberg Mitteleuropa. Ich hab den Wikipedia-Artikel verlinkt, aber im Prinzip handelt es sich hier um die Schlacht, die durch den Sieg von Tokugawa Ieyasu den Beginn der Edo-Zeit ermöglichte. In einem meiner Lieblingsbücher über Japan (James Clavell: Shogun), das auch in den 80ern eine ganz gute Verfilmung bekommen hat, wird die Vorgeschichte dieser Schlacht unter anderem zentral thematisiert. Dadurch hat mich das Thema und auch die Person des Tokugawa Ieyasu (im Buch und Serie Toranaga-sama) schon immer fasziniert, und wir mussten dieses Fest unbedingt aus der Nähe sehen!

Am Samstag gab es eine Parade, die vom Schrein aus den ganzen Tag durch die Stadt zog. Es war für uns gar nicht einmal so einfach, die Route und das Timing herauszufinden, haben sie aber doch im Regen abfangen können. Faszinierend, wie die Stadt währenddessen nicht stehenbleibt. Polizisten umgeben die Demonstration von allen Seiten und regeln den Verkehr quasi dynamisch außen herum. In Deutschland wäre das meiner Meinung nach undenkbar…. Gleichzeitig wurden in den einzelnen Straßen die sogenannten Mikoshi (wenn ich richtig verstanden habe eine Art tragbarer Schrein, der auch Götter transportieren kann) um den Block paradiert. Von einigen Asahi-Bieren angefeuert, konnten die Paradeteilnehmer dem Regen und der Kälte trotzen. Als Nebeneffekt waren die Leute ziemlich offen und ausgelassen, kaum standen wir da bekam ich schon ein Bier in die Hand gedrückt…

Am darauffolgenden Tag werden diese Schreine dann einer nach dem anderen zum Tempel hinauf getragen. Hier scheint tatsächlich die ganze Nachbarschaft beim tragen dabei zu sein. Interessante Beobachtung: Die ältesten Herren laufen immer mit weisem Gesichtsausdruck voraus, die Jungen müssen tragen. Zusätzlich gibt es immer eine Art Anführerkomittee, aus dessen Reihen die Kommandos gegeben werden. Mittels einer Holzklapper gibt es Richtungszeichen und das Signal zum An- und Abheben. Manche Schreine hatten sogar ihre eigene Kapelle dabei! Im Tempelinneren angekommen, erhält jeder Mikoshi seinen Segen, und noch einen Gratisapplaus. Dann geht es unter großem Getöse und frisch gesegnet zurück ins Viertel… Um den Tempel herum ist quasi ein Volksfest, es gibt Fress- (Takoyaki und Bier!) und Ramschbuden.

Ich bin mir sicher, der Mann ist Fluglotse

Und hier in der darauffolgenden Station Nikko schließt sich tatsächlich der Kreis, denn hier ist jener Tokugawa Ieyasu tatsächlich begraben. Seine Urne liegt im Tosho-gu Schrein, den wir hier bestaunen konnten. Berühmt ist der Schrein auch für seine Grinsekatze und die drei Affen: Nichts sagen, nichts hören, nichts sehen. Mehr oder weniger durch Zufall sind wir bei der Besichtigung Zeuge einer religiösen Prozession geworden: Zweimal im Jahr verlässt der gute Ieyasu nämlich seinen Schrein um an einem Fest teilzunehmen – natürlich in einem Mikoshi! Die Ordner hatten alle Hände voll zu tun, dem Shinto-Priester und seiner Entourage den nötigen Platz zu verschaffen. Während der Zeremonie herrschte (der Platz war voller, als es aussieht!) dann ehrfürchtige Stille, und die Anwesenden senkten ergeben den Kopf. Ein faszinierender Anblick.

Nikko ist auch in anderer Hinsicht schön, aber das kommt im nächsten Beitrag….

Jan, Jahrgang 1986, peliepter Redner und Schöngeist

2 Kommentare

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung